Mit leichtfüßigem Witz und großen Gefühlen
Der junge Telemann ließ sich im Jahre 1702 inkognito ins Schloss Lietzenburg derpreußischen Königin Sophie Charlotte einschleusen, um heimlich der privatenUraufführung der Pastorale „Polifemo“ in exquisiter Besetzung lauschen zukönnen: Die Königin selbst saß am Cembalo, Gesangsrollen und Orchester warenmit adeligen Damen und den besten Musikern der Zeit besetzt. Der Schöpfer desWerkes, Giovanni Battista Bononcini, war der Lieblingskomponist der Königin anderen „Musenhof“ – dem heutigen Schloss Charlottenburg. Das Libretto stammtevon seinem Kollegen Attilio Ariosti, der mit ihm für eine „Auszeit“ aus Wien anden Hof nach Berlin gekommen war. In der verschlungenen Doppelhandlung nachOvids »Metamorphosen« lässt er in einer buffogewürzten Pastorale ein Personalaus einem einäugigen Riesen, zwei Nymphen, einer eifersüchtige Zauberin, einemFischer und der Göttin der Liebe für wundersame Verwandlungen antreten;Böcklein, Hammel und Gänse bevölkern das arkadische Setting. Herausgekommen istbeste Unterhaltung mit leichtfüßigem Witz und großen Emotionen.
Dorothee Oberlinger hat dieses preußisch-italienische Kleinod anlässlich ihres Debüts als Intendantin der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci im Juni 2019 dort aufsProgramm gesetzt und musikalisch geleitet. Die international hochgelobteszenische Potsdamer Produktion erscheint nun am 4. September alsLive-Mitschnitt in Koproduktion mit Deutschlandfunk Kultur bei deutscheharmonia mundi.
Der portugiesischen Bariton Joao Fernandes erfüllt die Titelrolle des lüsternenPolifemo mit temperamentvollemBuffo-Spiel, in den weiblichen Hauptrollen sind Roberta Invernizzi als Galateamit „perlrundem Sopran“ (FAZ) und Roberta Mameli als kecke freiheitsliebendeNymphe Silla zu hören. Der brasilianische Sopranist Bruno de Sa schlug als AciPublikum und Kritik mit seiner außergewöhnlichen Sopranstimme in den Bann undwurde vom französischen Forum Opera als „neuer Stern“ gefeiert. DieNiederländerin Helena Rasker beeindruckt als maskuliner Glauco. Die russischeSopranistin Lilya Gaysina als dramatische Zauberin Circe und die jungeösterreichische Sopranistin Maria Ladurner als bezaubernde Venus komplettierenden Cast.
Den Orchesterpart übernimmt das Ensemble 1700, von Dorothee Oberinger 2002gegründet. Unter Oberlingers Dirigat hat es sich als kongenialer Klangkörpereinen Namen gemacht, der Puls und Esprit der Zeit affektreich zu transportierenweiß und mit "großem Herzen spielt“ (FAZ).
Auf der CD unsichtbar aber trotzdem hörbar dabei ist die Inszenierung von MargitLegler nach den Regeln der historischen Schauspielkunst, die mit Affekt undmusikalischen Timing eine unzertrennbare Einheit eingehen.
Die Blockflötistin und Dirigentin Dorothee Oberlinger ist seit 2019 Intendantin derPotsdamer Musikfestspiele und Professorin an der Universität Mozarteum. AlsSpezialistin für das barocke Repertoire widmet sich die dreifache Echo Klassik Preisträgerin in Konzerten, Einspielungen und Opernaufführungen insbesondereder Musik des 17. und 18. Jahrhunderts.
Produkt-Nr.: 19439743802
VÖ: 4. September 2020